Im Jahr 1376 forderte Kaiser Karl IV. die Rhenser Bürger dazu auf, für zukünftige Wahlen eines römisch-deutschen Königs ein „Gestuhl“ zu errichten. Auf dem spätestens 1397 fertiggestellten „Königsstuhl“ wurde am 21. August 1400 Pfalzgraf Ruprecht III. zum neuen Herrscher gewählt. Auch wenn dies die einzige Wahl geblieben ist und das Gebäude heute nur noch als veränderter Neubau an anderer Stelle steht, so ist der Königsstuhl dennoch ein erstrangiges Denkmal für die Verfassungsgeschichte und den Föderalismus Deutschlands.
Als südlichste Exklave des Erzstifts Köln lag Rhens seit dem späten Hoch- und im Spätmittelalter gänzlich isoliert am oberen Mittelrhein. Nördlich lag das trierische Kapellen mit Burg Stolzenfels auf derselben Rheinseite, rechtsrheinisch Braubach mit der gleichnamigen, heute „Marksburg“ genannten Burg (rheinische Pfalzgrafschaft), Oberlahnstein mit den Burgen Lahneck und Lahnstein (Erzstift Mainz) sowie dem sich nördlich anschließenden Niederlahnstein mit der Johanniskirche (Erzstift Trier).
Dass vier der wichtigsten Reichsfürsten und späteren Kurfürsten in diesem kleinen Gebiet am Mittelrhein eigene Liegenschaften zur Verfügung standen, sollte die entscheidende Voraussetzung für den Bau des Königsstuhls sein.
Die Errichtung des Königsstuhls
(zwischen 1376 und 1397)
Eines der zentralen verfassungsrechtlichen Probleme des deutschen Mittelalters war die Frage nach Art, Form und Ablauf der Wahl der römisch-deutschen Könige. Wer sollte wählen, warum, wo und wie? Seit dem Hochmittelalter zeichnete sich ab, dass sich eine regelmäßige Vererbung der Königswürde innerhalb einer Familie oder Dynastie – wie lange Zeit unter den Saliern und Staufern – gegenüber den Fürsten nicht würde durchsetzen lassen. Eine endgültige Regelung konnte jedoch erst 1356 in der „Goldenen Bulle“ gesetzlich fixiert werden: Als „Kurfürsten“ (= Wahlfürsten) amtierten seitdem sieben geistliche und weltliche Große, nämlich die Erzbischöfe von Köln, Trier und Mainz sowie der rheinische Pfalzgraf, der Markgraf von Brandenburg, der Herzog von Sachsen und der König von Böhmen. Jegliches Mitspracherecht des Papstes wurde ausgeschlossen. Zur Wahl eines Kandidaten genügte die einfache Mehrheit (also vier von sieben Stimmen), wobei ein Anwärter, stammte er aus dem Kreis dieser Fürsten, auch für sich selbst stimmen konnte. Als Wahlort wurde Frankfurt am Main, als Krönungsort Aachen vorgesehen, jedoch nicht zwingend bestimmt.
Doch diese Entwicklung benötigte tatsächlich fast 150 Jahre, innerhalb derer die Ortschaft Rhens mit ihrer besonderen Lage eine wichtige Rolle gespielt hat. Seit 1273 versammelten sich hier mehrfach rheinische Reichsfürsten. 1308 trafen sich auf Veranlassung Erzbischof Balduins von Trier insgesamt sechs Fürsten und einigten sich auf dessen Bruder, Graf Heinrich von Luxemburg, als neuen römisch-deutschen König und auf den Wahltermin in Frankfurt am Main. Mit der 1338 in Rhens abgeschlossenen Fürstenvereinbarung wurde erstmals festgelegt, dass künftige Herrscher durch Mehrheitsentscheid der wahlberechtigten Fürsten und frei von päpstlichem Einfluss bestimmt werden sollten (sog. Kurverein von Rhens oder besser Rhenser Erklärung), wobei die Zahl der Wähler allerdings noch nicht fixiert wurde.
Acht Jahre nach der Rhenser Erklärung fand das neue Königswahlverfahren erstmals Anwendung: 1346 wählten mehrere Reichsfürsten „in den unterhalb des Dorfs Rhens in der Trierer Diözese und oberhalb des Rheinufers gelegenen Obstgärten oder Gärten, wo von altersher die Wahlfürsten zusammenzukommen pflegten“ den Markgrafen Karl von Mähren zum (Gegen-)König gegen den amtierenden Kaiser Ludwig IV. Als Ludwig ein Jahr später überraschend verstarb, setzte sich Karl endgültig durch. In den letzten Jahren seiner fast dreißigjährigen Herrschaft lassen sich deutliche Versuche erkennen, seinen ältesten Sohn Wenzel zu seinem Nachfolger im römisch-deutschen Reich zu bestellen. Der Wahlort sollte zumindest in diesem Fall nach Rhens verlegt werden, wofür eigens die Regelung der Goldenen Bulle von 1356, gemäß derer Frankfurt am Main als Stätte des Wahlakts vorgesehen war, 1374 widerrufen wurde. Demgemäß trafen sich die Kurfürsten 1376 in Rhens und einigten sich auf Wenzel als römischen König, führten die eigentliche Wahl dann aber doch in Frankfurt am Main durch.
Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen ließ Karl IV. kurze Zeit nach der Wahl seines Sohnes eine Urkunde aufsetzen, mit der er die „Insassen, Bürger und Einwohner des Dorfs Rhens“ dazu aufforderte, „dass sie in dem Garten und an der Stätte, wo die Kurfürsten, wie es von altersher Gewohnheit gewesen ist, zur Benennung und zur Wahl eines Römischen Königs übereinzukommen pflegen, ein Gestuhl (gestuls) machen und dieses allewege bewahren und ewiglich erhalten sollen ...“. Das originale Schriftstück ist leider nicht mehr erhalten, sondern nur als Insert (vollständige Einfügung des Textes) in einer Urkunde König Wenzels vom 1. Januar 1398 überliefert. Die diesem Text vor- und nachgesetzten Formulierungen belegen eindeutig, dass das „Gestuhl“ inzwischen fertiggestellt worden war. Die Errichtung des bereits zwei Jahre später erstmals als „Königsstuhl“ bezeichneten Bauwerks lässt sich somit auf die Zeit zwischen 1376 und 1397 eingrenzen.
Vom Höhepunkt zum Niedergang
(Spätmittelalter und Frühe Neuzeit)
Nach dem Tod Kaiser Karls IV. im Jahr 1378 trat sein Sohn Wenzel die Nachfolge als römisch-deutscher König an. Schon in den 1380er Jahren lassen sich erste Anzeichen dafür erkennen, dass die durch ihn verursachte Verlegung des Herrschaftsmittelpunktes an den böhmischen Königshof in Prag und damit in den Osten des Reichs für zunehmenden Unmut sorgte. Spätestens seit 1399 werden die Pläne der übrigen, d. h. insbesondere der vier rheinischen Kurfürsten fassbar, Wenzel seines Amts zu entheben, was am 20. August 1400 bei Oberlahnstein tatsächlich geschah. Einen Tag später, am 21. August 1400, versammelten sich dieselben vier Kurfürsten am Königsstuhl und schworen nach Feier der Heilig-Geist-Messe den in der Goldenen Bulle festgelegten Eid auf das Evangelium, einen geeigneten Kandidaten zu küren. Gewählt wurde aus ihrer Mitte Pfalzgraf Ruprecht III., der sich ‒ im Einklang mit den Bestimmungen der Goldenen Bulle von 1356 ‒ selbst seine Stimme gegeben hatte. Da der abgesetzte Wenzel, der bis zu seinem Tod 1419 nominell weiterhin römisch-deutscher König und König von Böhmen blieb, auf einen Kampf verzichtete, wurde die bis 1410 währende Herrschaft Ruprechts nicht in Frage gestellt. Die Wahl Ruprechts ist zweifellos der Höhepunkt in der Geschichte des Königsstuhls. Noch heute gedenkt die Kaiser Ruprecht Bruderschaft dieses Ereignisses, indem stets am 21. August der neue Kanzler (Vorsitzende) am Königsstuhl förmlich gewählt wird.
In der Folgezeit sollte sich jedoch zeigen, dass den Bestrebungen Karls IV. von 1376, Rhens grundsätzlich als neuen Wahlort der Könige durchzusetzen, kein Erfolg beschieden war, da die Kurfürsten gemäß der Empfehlung der Goldenen Bulle an Frankfurt am Main festhielten. Welche Rolle sollte aber der Königsstuhl im Rahmen der von der Wahl bis zur Krönung reichenden Akte und Zeremonien überhaupt noch spielen? Die letztlich gefundene Lösung bestand darin, in Rhens eine Art öffentliche Präsentation des Kandidaten nach seiner Wahl in Frankfurt am Main und vor der Krönung in Aachen zu zelebrieren, wie es eine Aufzeichnung über Ablauf von Wahl und Krönung eines „Römischen Königs“ von 1442 formulierte: „Wenn nun ein Römischer König von Frankfurt zu seiner Krönung nach Aachen ziehen will, so soll er ziehen zu dem Stuhl, der da liegt zwischen Rhens und Koblenz, den man des Kaisers Stuhl (sic!) nennt an dem Rhein. Darauf soll ein Römischer König sitzen und soll da in seiner Gegenwart in drei Sprachen ausrufen lassen, in Latein, Französisch und Deutsch, dass er nach Aachen zieht und dort seine Krone empfangen will. Und das geschieht deswegen, damit seine Anhänger oder jemand anderes nicht sagen kann, dass er zu der Krönung heimlich gekommen sei“. So geschah es bei Sigismund (1414), Friedrich III. (1442) und Maximilian (1486). Als letzter römisch-deutscher Herrscher dürfte Karl V. nach einem nicht vollständig gesicherten Bericht im November 1520 auf dem Königsstuhl gewesen sein.
Über den baulichen Zustand des Königsstuhls im 15. und 16. Jahrhundert haben sich nur zwei kurze Aussagen ähnlichen Inhalts erhalten: 1486 berichtet Johann Reuchlin, das Bauwerk sei „alt, gewölbt und zerrissen“ gewesen. Mit dieser Angabe stimmt Sebastian Brant überein, der in seiner zwischen 1502 und 1521 angefertigten Beschreibung das Bauwerk als „sehr zerfallen, dass es doch wohl zum Erbarmen ist“, darstellte. Beide Aussagen stehen in deutlichem Gegensatz zu den noch immer relevanten Verpflichtungen zum Erhalt des Königsstuhls durch die Rhenser Bürger, die dafür formelle und großteils gleichlautende Bestätigungen des Zollprivilegs Kaiser Karls IV. aus dem Jahr 1376 durch Kaiser Sigismund (1434), König Friedrich III. (1442), König Ferdinand I. (1531), Kaiser Maximilian II. (1568) und Kaiser Leopold I. (1659) erhalten hatten bzw. noch erhalten sollten, bevor auch diese Tradition abbrach.
Mit dem Ende des Spätmittelalters und dem Beginn der Frühen Neuzeit verlor der Königsstuhl rasch an Bedeutung und verschwand jahrzehntelang vollständig aus den Schriftquellen. Erst 1697 lieferte der hessische Historiograph Johann-Just Winkelmann eine wichtige, auf einem Besuch vor Ort in den 1640er/1650er Jahren fußende Baubeschreibung, die auf einen noch ordentlichen Zustand des Bauwerks schließen lässt. Ein Jahrhundert später hatte sich dies gründlich geändert: Nach einem Bericht von 1783 war das Gebäude laut einer Inschrift seit 1779 wieder repariret, und weiß und roth angestrichen worden; welches Kleid aber für diese Antiquität nicht gut passet. 1794 wurde der seit ungewisser Zeit bestehende Brauch, die Koblenzer Bürgermeister auf dem Königsstuhl einzusetzen, letztmals zelebriert.
Zerstörung und Wiederaufbau
(19. Jahrhundert)
Mit der Besetzung von Koblenz 1794 fiel auch das Gebiet um Rhens an die französischen Revolutionstruppen. In der Folgezeit ist der Königsstuhl zerstört worden, wobei sich der genaue Zeitpunkt – in den Schriftquellen nirgendwo festgehalten – nur eingrenzen lässt. Zuletzt zwar verfallen, aber noch nicht zerstört sah ihn der Geograph Friedrich Albert Klebe (1779-1842), auf einer Rheinreise im Sommer des Jahres 1800: Neuerlich ist er von Soldaten verwüstet worden, aber er existirt wenigstens noch. (...) Der Königsstuhl fällt in Trümmern zusammen, und weder Kaiser noch Bürgermeister werden hier mehr erwählt. Nur ein Jahr später bezeichnet der Schriftsteller Heinrich August Ottokar Reichard (1751-1828) den Königsstuhl als jetzt zerstört, was er 1803 genauer ausführt: Jetzt ist der Platz kaum mehr kenntlich. Hier, wo einst Fürsten im Rathe saßen, wo der große Maximilian schwur und Kayser Wenzel abgesetzt wurde, fand ich im Jahre 1803 nichts als Schutt und einen Kartoffelacker. Demnach bleibt festzuhalten, dass der Königsstuhl zu einem nicht näher einzugrenzenden Zeitpunkt in den Jahren 1800 oder 1801 mutmaßlich von französischen Truppen zerstört worden ist.
Schon wenige Jahre nach dem Untergang des Königsstuhls lassen sich – zunächst rein literarische – Bestrebungen für einen Wiederaufbau nachweisen. Ersten offiziellen Anfragen des Rhenser Bürgermeisterei-Verwalters Wilhelm Reusch 1834/36 blieb noch der Erfolg verwehrt, und auch ein im Sommer 1840 von dem im Bergischen Land lebenden Schriftsteller und Dichter Vinzenz Jakob von Zuccalmaglio (1806-1876) angestoßenes Benefizkonzert erbrachte nur einen ideellen, aber keinen finanziellen Erfolg. Ein grundlegender Fortschritt trat erst durch einen Aufruf des Verlegers Friedrich Hergt in dessen Rhein- und Mosel-Zeitung vom 13. Oktober 1840 ein, in dem sich die Befürworter eines Wiederaufbaus in Koblenz in einem „Comité zur Wiederherstellung des Königstuhls [sic!] bei Rhense“ organisierten. Veranschlagt wurden für den Ankauf des Bauplatzes, den Bau des Denkmals und die Ausführung zweckmäßiger Anlagen in der Umgebung Kosten in Höhe von 2.000 Reichstalern. Die im Verlauf des Jahres 1841 eingegangenen Spenden beliefen sich am 31. Januar 1842 auf bereits 1.100 Reichstaler; zudem versicherte König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, mit Sach- oder Geldmitteln fördern zu wollen. Angesichts dieser Unterstützung entschloss sich das „Comité“, mit dem Wiederaufbau des Königsstuhls nach den Planungen des Königlichen Bau-Inspektors Johann Claudius von Lassaulx (1781-1848) zu beginnen. Die spätestens im Juli 1842 begonnenen Arbeiten zogen sich bis weit in das Jahr 1843 hin. Am 15. Oktober 1843 meldete das „Comité“ die Vollendung des Bauwerks und übereignete es dem preußischen König zum Geburtstag, der sein Geschenk letztlich durch seine Zuwendungen zu einer guten Hälfte mitfinanziert hatte. Die ursprünglich kalkulierten Kosten von 2.000 Reichstalern wurden letztlich mit einer Gesamtsumme von 2.978 Reichstalern und 25 Silbergroschen merklich übertroffen.
In der Folgezeit sollte die Hoffnung der Rhenser Bürger und vieler weiterer Rheinländer auf einen Besuch des preußischen Königs unerfüllt bleiben; augenscheinlich wurde nicht einmal eine öffentliche Einweihungsfeier veranstaltet. Schon nach 1850 erlosch das Interesse am neuen Königsstuhl geradezu schlagartig.
Von der Umsetzung im Jahr 1929 bis heute
(20./21. Jahrhundert)
Die Probleme, die aus der Neuerrichtung des Königsstuhls nur wenige Schritte neben der von Koblenz nach Bingerbrück führenden Landstraße resultierten, verschärften sich in den folgenden Jahrzehnten. Das stetig steigende Verkehrsaufkommen nicht nur auf dieser Straße, sondern auch auf der Trasse der seit 1859 unmittelbar westlich anschließenden rechtsrheinischen Eisenbahn sorgte für Erschütterungen und für starke Staub- und Rauchentwicklung. Zudem wies das Erdgeschoss des Bauwerks ‒ die Plattform des Obergeschosses war immerhin durch das schon während des Neubaus 1843 eingesetzte zweiflüglige Torgitter vor unbefugtem Zutritt geschützt ‒ fortwährend Verunreinigungen auf, so dass 1883 zwischen den Strebepfeilern ebenfalls Schutzgitter angebracht werden mussten.
In die größte Bedrängnis geriet der Königsstuhl jedoch durch den 1857 freigelegten und seit 1862 industriell verwerteten Sauerbrunnen, dessen Quelle in geringer Entfernung im Rheinbett lag. Als mit dem Rhenser Sprudel (1894) und der Kaiser-Ruprecht-Quelle (1901) zwei weitere Quellen erbohrt wurden, stiegen Produktion und Platzbedarf des „Rhenser Mineralbrunnen“ rasant an. Nach ersten gescheiterten Versuchen zu einer Versetzung des Königsstuhls in den Jahren 1911 und 1918 erreichte der Eigentümer der Rhenser Mineralbrunnen AG im dritten Anlauf 1925 sein Ziel: Nach dreijährigen Diskussionen um den neuen Standort wurde der Königsstuhl durch den Bopparder Maurermeister Nikolaus Bach 1928 abgebaut und 1929 auf der Rheinhöhe Schawall neu errichtet. Das neue Gelände um den Königsstuhl wurde auf der Bergseite mit leichtem Anstieg als eine Art Vorplatz planiert und rheinseitig mit einer Futtermauer aus Bruchsteinen stabilisiert und abgeschlossen (Gesamtkosten nahezu 6.000 Reichsmark).
Die 1929 nach der Umsetzung des Königsstuhls auf die Rheinhöhe Schawall geschaffene Situation besteht ohne wesentliche Veränderungen bis heute. Im Rahmen einer größeren Konservierungsmaßnahme erfuhr das gesamte Bauwerk von 1979 bis 1982 eine grundlegende Reinigung. Wegen zunehmender Wasserschäden mussten das Gewölbe saniert und die Dichtung des Fußbodens der Plattform erneuert werden. Zudem wurden an der Innenwand unter der Treppe eine große Zeittafel mit den Wappen der Kurpfalz von 1605 (oben) und der Verbandsgemeinde Rhens (unten) sowie an den flankierenden Pfeilern die Wappen des Landkreises Mayen-Koblenz und des Bundeslands Rheinland-Pfalz angebracht. Seit September 1980 befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft das auf Initiative der Kaiser Ruprecht Bruderschaft errichtete, 2011 vollständig erneuerte Friedenskreuz, das damals wie heute an die Bedeutung und Notwendigkeit des Weltfriedens erinnert. 2010 wurde schließlich im Rahmen des durchgängigen Informations-, Orientierungs- und Leitsystems für landeseigene Baudenkmäler durch die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz auf dem Vorplatz nahe der Landesstraße ein Orientierungsstein errichtet, der ‒ auch in Brailleschrift ‒ die wichtigsten Daten zur Geschichte des Königsstuhls vermittelt.
Der ursprüngliche, zwischen den Jahren 1376 und 1397 zu nicht näher bestimmbarer Zeit errichtete Königsstuhl stand zwischen Bäumen unweit des Rheinufers nördlich der Ortschaft und späteren Stadt Rhens und südlich der Ortschaft Kapellen mit Burg Stolzenfels. Über sein Aussehen informieren zwei im Detail voneinander abweichende, generell aber recht zuverlässige Ansichten von Wilhelm Dilich (um 1608/1609, mit Maßstab!) sowie Laurenz Janscha und Johann Ziegler (vor 1794).
Demnach handelte es sich um ein achteckiges Gebäude mit Erd- und Obergeschoss. Im Erdgeschoss befand sich, umschlossen von sieben rundbogigen Arkaden, eine ebenfalls achteckige Halle, deren Gewölbe sich über einem zentralen Mittelpfeiler aufspannte. Aus der achten Arkade entsprang in westlicher Richtung ein rechteckiger Vorbau mit jedenfalls einem, möglicherweise aber auch zwei verschließbaren Rundbogenportalen, durch die ein gewinkelter Treppenaufgang mittels 18 Stufen zum Obergeschoss mit seiner offenen Plattform führte. Auf der Plattform selbst befanden sich „mit Steinen abgeplattete Sitze“.
Der „Nachfolgebau“ von 1842/43
Der 1843 im Wesentlichen fertiggestellte Neubau des Königsstuhls durch Johann Claudius von Lassaulx übernahm Ort und Grundkonzeption seines Vorgängers, präsentierte sich aber zugleich auch deutlich als Neuschöpfung:
Das – wie sein Vorgänger – achteckige Gebäude mit Außenseitenlängen von drei Metern besaß gleichfalls ebenerdig ein Erdgeschoss, das ein von sieben Arkaden und acht Stützpfeilern eingefasstes Gewölbe mit zentraler, 2,15 m hoher Mittelsäule in sich aufnahm. Allerdings konzipierte Lassaulx die Arkaden nicht mehr als vergleichsweise niedrige Rundbögen, sondern schuf durch merklich erhöhte leichte Spitzbogenstellungen einen zeitgemäß eleganteren, neugotischen Raumeindruck. Vom alten Königsstuhl benutzte er dabei für die Gewölbekonstruktion die erhaltene Basis und den „Knauf“ (= die Kämpferplatte) der originalen für die neue Mittelsäule. Zur darüber gesetzten Plattform – gleichsam das unbedachte Obergeschoss – führte anstelle des ehedem gewinkelten nunmehr ein verlängerter, begradigter Treppenaufgang mit Zwischenpodest über insgesamt 18 Stufen durch ein 1,70 m hohes, spitzbogiges Portal mit Stufengiebel (zuvor rundbogig und ohne Giebel). Die eine maximale Breite von sechs Metern erreichende Plattform selbst präsentierte eine als Sitzgelegenheit für die Kurfürsten vermutete, umlaufende Bank mit eleganter geschwungener Rückenlehne.
Am meisten fiel und fällt jedoch auf, dass der aus Basaltlava aus Mendig (Kreis Mayen-Koblenz, Rheinland-Pfalz) geschaffene Neubau komplett unverputzt blieb und außerdem wegen der benachbarten Landstraße von Koblenz nach Mainz so verdreht errichtet werden musste, dass die Treppe nicht mehr aus westlicher Richtung zur Plattform anstieg, sondern von Südosten. Nicht ausgeführt wurden ein von Lassaulx nach Art einer niedrigen Krypta geplantes Untergeschoss und die Anbringung eines Wappens mit dem seit dem 15. Jahrhundert gebräuchlichen Doppeladler des Heiligen Römischen Reiches (deutscher Nation) im obersten Feld des Stufengiebels über dem Portal zur Plattform.
Der „Nachfolgebau“ von 1842/43
nach seiner Umsetzung im Jahr 1929
Bereits zur Zeit des Ersten Weltkrieges waren Diskussionen um den Standort des Königsstuhlneubaus aufgekommen, der zunehmend unter seiner Platzierung zwischen Rheinufer, Landstraße, Eisenbahn und dem expandierenden Gelände des Rhenser Mineralbrunnens zu leiden hatte. Nach langjährigen Diskussionen und Voruntersuchungen wurde das Bauwerk an seiner alten Stelle zwischen Rheinufer und Landstraße 1928 vollständig abgebrochen und im Folgejahr auf der Rheinhöhe Schawall mit dem originalen Baumaterial wiedererrichtet.
Der schließlich in erstaunlich kurzer Zeit entstandene Wiederaufbau – der heutige Königsstuhl – entspricht weitestgehend der 1842/43 von Lassaulx errichteten Neuschöpfung. Unter den wenigen Details, die verändert wurden, kommt der Drehung des Gebäudes mit Ausrichtung des Treppenaufgangs nach Südwesten die größte Bedeutung zu. Hiermit schuf man eine vorteilhafte Sichtachse von der vorbeiführenden Straße nach Waldesch über den zentral gestellten Königsstuhl hin zum Rheintal. Am Treppenaufgang selbst entfielen die ersten beiden, das unterste Podest umlaufenden Stufen, während das bisher quadratische Podest selbst deutlich auf die Breite der nunmehr nur noch 16 Stufen verkleinert wurde. Zudem fanden die bereits 1843 in das Spitzbogenportal eingesetzte schmiedeeiserne zweiflüglige Tür und das 1883 zwischen die Pfeiler eingelassene Schutzgitter keine Verwendung mehr.
Im Rahmen einer größeren Konservierungsmaßnahme von 1979 bis 1982 wurden an der Innenwand unter der Treppe eine große – nicht fehlerfreie – Zeittafel mit dem Wappen der Kurpfalz von 1605 (oben) und der Verbandsgemeinde Rhens (unten) sowie außerdem an den flankierenden Pfeilern die Wappen des Kreises Mayen-Koblenz und des Bundeslandes Rheinland-Pfalz angebracht. Als bisher letzte bauliche Ergänzung folgte vor wenigen Jahren ein Treppengeländer für den Aufgang zur Plattform.
Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts beschränkt sich die überlieferte Literatur zum „königlichen Sitz“ zumeist auf die Darstellung seiner Geschichte und Bedeutung. Erst in der Zeit nach 1800 lässt sich beobachten, dass das Thema „Königsstuhl“ nun auch poetisch verarbeitet wurde.
So äußerte Aloys Schreiber („Der Königsstuhl bei Rhense“) 1813 erstmals den Wunsch nach einem Wiederaufbau des wenige Jahre zuvor zerstörten Bauwerks. Noch heute großer Bekanntheit erfreut sich das Gedicht „Kaiser Wenzel“ von Franz Gabriel Drimborn aus dem Jahr 1837, das 1858 Eingang in das erstmals erschienene Allgemeine Deutsche Kommersbuch und dadurch weite Verbreitung fand, auch wenn der Inhalt erfunden und alles andere als fehlerfrei ist. In diese Zeit der Diskussion um den dann 1842 begonnenen Neubau des Königsstuhls gehören auch die lyrischen Verarbeitungen von Gustav Pfarrius („Der Königstuhl bei Rhense“, 1841) und Emerich Jaonvahrs („Die Fahrt nach dem Königsstuhl“, 1841) sowie die mit einer historischen Einleitung versehenen Ausführungen von Simon Feistel („Die Geschichte des Königsstuhles bei Rhense“, 1842). Gegen diese oftmals unreflektierten Lobpreisungen wandten sich wenig später deutlich kritischere Anhänger liberaler Ideale, darunter vor allem Ferdinand Freiligrath („Der Königsstuhl bei Rhense“, 1843) und der Österreicher Hermann Rollett („Am Königsstuhl“, 1846). Ein Vierteljahrhundert später finden sich zahlreiche Versuche, die 1871 vollzogene Reichseinigung in direkten Zusammenhang mit dem Königsstuhl zu bringen, so etwa bei Hermann Grieben (Im Königsstuhl, 1870), Martin Greif (= Friedrich Hermann Frey, Der Königsstuhl von Rense, 1871) und insbesondere in einem allegorischen Festspiel von Franz Bittong (Am Königsstuhl zu Rhense, 1871), das am Stadttheater zu Mainz anlässlich des Geburtstags Kaiser Wilhelms I. am 22. März 1871 aufgeführt wurde.
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts schwand das öffentliche Interesse am Königsstuhl zusehends. Noch einmal stand das Bauwerk anlässlich seiner Versetzung im Jahr 1929 im Mittelpunkt des rheinischen Interesses, bevor es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahezu in Vergessenheit geriet.
Doch auch in ganz anderer Hinsicht stand der Königsstuhl im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses: Im Zuge großangelegter Werbetätigkeit beteiligte sich der seit 1862 bestehende „Rhenser Mineralbrunnen“ an der unter dem Protektorat des preußischen Kronprinzen Wilhelm ausgerichteten „Industrie- und Gewerbeausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke, verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunstausstellung“, die 1902 in Düsseldorf mit rund 2.500 Ausstellern nebst 160 eigens dafür errichteten Ausstellungsgebäuden veranstaltet wurde. Der von der Rhenser Firma konzipierte Pavillon stellte sich als ein nahezu maßstabsgetreuer Nachbau des Königsstuhls aus dem 19. Jahrhundert mit allerdings durch Glas und Holz geschlossenen Bogenstellungen dar. Besucher konnten die über dem Erdgeschoss gelegene offene Plattform des Bauwerks über eine Treppe betreten und sich somit einen Überblick über das umliegende Ausstellungsgelände verschaffen. In Anerkennung der gelungenen Präsentation wurde der „Rhenser Mineralbrunnen Fritz Meyer & Co., Rhens am Rhein“ nicht nur durch die ‒ noch vorhandene ‒ Goldene Ausstellungsmedaille, sondern zusätzlich durch die Bronzene Staatsmedaille ausgezeichnet. Was mit dem Pavillon nach Ausstellungsende geschehen ist, lässt sich nicht mehr ermitteln.
J[osef] Hellbach, Zur Geschichte des Königsstuhls und der Wenzelkapelle, in: Rhenus. Beiträge zur Geschichte des Mittelrheins 1, 1883, S. 1f., 8f., 15-18, 22-24, 31-33, 43-45, 50f., 56, 58f., 67-70, 78-81, 88-92. – ebd. 2, 1884, Sp. 1-7, 17-22, 33-37, 117-120, 147-149, 166-173 u. 181-193.
Alexander Thon u. Johannes Erichsen, Der Königsstuhl bei Rhens (Großer Kunstführer, Bd. 276 = Veröffentlichungen d. Kaiser Ruprecht Bruderschaft zu Rhense, Bd. 1), Regensburg 2015. → Veröffentlichungen
Udo Liessem, Der Wiederaufbau des Königsstuhls in Rhens durch Johann Claudius von Lassaulx in den Jahren 1842-1844 (sic!), in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 44, 2018, S. 235-258.
Alexander Thon, Der Königsstuhl bei Rhens – Geschichte und Bedeutung (in Vorb.), in: Rhens, der Königsstuhl und die Kaiser Ruprecht Bruderschaft. Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der Kaiser Ruprecht Bruderschaft, erscheint voraussichtlich 2027.
Der heutige Königsstuhl steht an prominenter Stelle auf der Rheinhöhe Schawall in 250 Metern Entfernung zum Zentrum der Stadt Rhens und unmittelbar neben der von der Bundesstraße 9 landeinwärts zur Ortschaft Waldesch führenden Landesstraße 208.
Sie erreichen den Königsstuhl über die linksrheinisch von Boppard nach Koblenz führende Bundesstraße 9, welche die Stadt Rhens bergseitig umgeht.
Aus nördlicher Richtung (Koblenz/Koblenz-Stolzenfels) kommend, passieren Sie zunächst rechtsseitig die Ausfahrt „Rhens“, bevor Sie nach 1 km nach links auf die Landesstraße 208 in Richtung „A 61 / Rhens / Waldesch“ abfahren. Dieser Straße folgen Sie in einem eng gefassten Bogen für 250 m und erreichen rechts den Königsstuhl nebst benachbartem Parkplatz.
Von Süden (Boppard/Brey) über die Bundesstraße 9 anfahrend, durchfahren Sie zunächst im Rhenser Gewerbegebiet den dortigen Kreisel, den Sie in Richtung Koblenz / B 9 verlassen. Nach 950 m benützen Sie auf der rechten Seite die Ausfahrt auf die Landesstraße 208 in Richtung „A 61 / Rhens / Waldesch“. Dieser Straße folgen Sie in einem eng gefassten Bogen für 250 m und erreichen rechts den Königsstuhl nebst benachbartem Parkplatz.
Das Grundstück, auf dem sich der Königsstuhl befindet, ist frei zugänglich. Sowohl das Untergeschoss des Gebäudes mit einer – fehlerhaften – Zeittafel als auch die darüber befindliche Aussichtsplattform (eigentlich das Obergeschoss) können jederzeit besichtigt werden.